49 INCH X 01

49 Inch ist die exemplarische Länge dieser Beitragsreihe. Nicht am Bildschirm gemessen, sondern am Polyvinylchlorid-Durchmesser aller Platten innerhalb eines Posts.

Sieben 7″ Vinyls werden hier ihren Weg auf eine neue Internetoberfläche finden; vorzugsweise mit einem leichten roten Faden versehen.

Es ist unbestritten, dass die Hochphase der veröffentlichten Seven-Inch-Platten bereits verstrichen ist und sich wohl mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit kein neuer explosionsartiger Trend dahingehend entwickelt, wieder kleine Schallplatten aus dem Boden sprießen zu lassen wie Minecraft Let’s Plays im Jahre 2012.

Wegen der immer größer werdenden Medienflut ist es aber vielleicht angenehm, eine Rückbesinnung auf alte Formate zu zelebrieren und sich Veröffentlichungen zwischen 5 und 14 Minuten Länge reinzuziehen. Der technischen Beschränkung sei gedankt. Dennoch gilt: Viel zu wenig Zeit für viel zu viele Sachen. Wer sich also drum drückt all diese exquisiten Songs zu hören, soll forever in der Fomo-Hölle des guten Geschmacks verweilen 🙂 666

Die Aufnahmen sind manchmal sauber, oftmals weniger sauber (yeah) produziert und hegen allesamt einen besonderen Platz in meinem <Heartzen3.

Um meine Emo/Skramz Phase der letzten Monate weiter aufzuarbeiten, ist die erste Sammlung eher in der lauteren Richtung angesiedelt. Die nächste wird mehr midwest-emo / indie-mäßiger. Fun fun fun time to come come come.


S/T von Honeywell

[1992, Corona CA – USA]

Dreckig verspielter Hardcore Punk mit (natürlich) Schrei-Anleihen. Honeywell machen für 92 abgefahren neuen Kram und es klingt verdammt stark. Stellenweise wuchtig und im nächsten Moment wieder ausholend; nie die eingängigen Passagen vergessend. Ein Powerpart darf es auch ab und zu sein. Diese paar Lieder sind vielseitiger als die Namensverwendung ihrer Heimatstadt post 2020. Absolut sicker Honigscheiß ohne Schnelltestgarantie.


Chacun sa vérité von Ivich

[1993, Saint-Maurice – FR]

Ein fließender Übergang zum sehr frühen emotive hardcore oder „Schreimo“ von einem anderen Teil der Erde. Ivich bringen den Style zeitig auf die Bühnen Europas und haben dabei sogar eine Trompete im Gepäck – Krass! Wilde Töne, ohne den Groove missen zu lassen. Wie viele Pusteblumen wohl jemals ihren Sound vernommen haben? Auf jeden Fall angenehm abstrus und wohlklingend.


S/T von Eurich

[1995, North Charleston SC – USA]

Weiter mit energischen Riffs und tanzbaren Beats, sowie anmutigem geskrame. Eurich haben sich mit ihrer S/T direkt in mein Herz gespielt. Der Übergang im Opener von gnadenloser Ungezügeltheit hin zur Melodie-Energie-Synergie sucht nach wie vor seines Gleichen. Aus unerfindlichen Gründen sind sie selbst in der „Szene“™ relativ unerwähnt, weshalb ich mich umso mehr freue diesen Schatz hier aufzutischen und (ein wenig) zu würdigen. Die Plattenhülle ist übrigens ein bedruckt und besprayter Postumschlag; eine Beilage ist enthalten mit dem Preis über $1.75 pro Platte plus shipping. Sag mir, dass du aus den 90ern kommst, ohne mir zu sagen, dass du aus den 90ern kommst.


S/T von Karenza

[1997, Toronto ON – CA]

Die 7“ von Karenza kommt mit einem angeblackten Sound daher: sowohl Vocal-wise als auch von der ab und an spawnenden double-bass am Schlagzeug. Dazu gelegentliche Beatdown-Parts und ansonsten schnelles Vorangepresche als Grundbasis. Trotzdem sind aufbauende Songstrukturen nicht zu vermissen. Übergangen wird dies von eingesprochenen Textpassagen; teils eigens gedichtet und teils zitiert. Eine nach wie vor frische und aussagekräftige Nummer.

All too often it’s a straight white guy with all the money and not a problem in the fucking world. “


Black Sunday von Arsen . AKA König der Monster

[2002, Bremen – GER]

In Deutschland hat die skramz Bombe ein wenig später gezündet (1995 rum soweit ich weiß) aber bisher sind meine Lieblingsplatten ein paar Jahre später angesiedelt. So auch diese EP von Arsen . AKA König der Monster (Top oder Flop Name; entscheide selbst. Ich bin eher bei Top). Nach Karenza geht es hier blackig und düster weiter. Lustig Randbemerkung: Mitglieder in dieser Band sind Lars und Sabine Ulbrich. Neben diesem Projekt sind sie auch in vielen anderen Bands tätig und obendrein gründeten sie gemeinsam das Label React With Protest. Danke für alles an dieser Stelle!


Four Excerpts From A Child’s Diary von LigOD

[1997, Ohio – USA]

Mit über vier Minuten weist der erste Song auf der EP eine ziemliche Überlänge im Vergleich zu den restlichen hier aufgeführten Bands bzw. Titeln auf. LigOD haben knackige Build-Ups und wohlige Balancen in ihren Songs, am schönsten sind aber die ohrwurmverursachenden Riffs. Schrilles Gekreische darf natürlich nicht fehlen. Die Stimme variiert cool mit Intensität und Tempo.


A Slow Summer Drowning von The Drago Miette

[2002, Indianapolis IN – USA]

Über die Produktion von A Slow Summer Drowning lässt sich sagen: Die Aufnahme wirkt etwas sloppy und wäre vermutlich mit ein wenig mehr Schärfe noch krasser geworden. Aber der Sound macht dennoch einiges her und die Nutzung von Synthie, Streichinstrumenten und Noise verleihen einen eigenen Touch. Klingt sehr schön verzweifelt und Titel wie „The Funeral“ oder „Giving up the ghost“ lassen vermuten, dass das auch passend und richtig ist. Dabei driftet die Platte nicht ins Kitschige ab. Vor allem Streicher wirken in dieser Kombo manchmal etwas pathetisch und überstilisiert, aber das wird hier insgesamt super aufgefangen. Und damit soll auch dieser Sommer jetzt endlich zu Ende gehen. Bis denn dann.